Das Versuchsschiff ‘Buckau’
Anton Flettner konnte die Krupp-Germaniawerft in Kiel von seiner Idee eines Rotorschiffes überzeugen und ihm wurde der werfteigene Dreimasttoppschoner, welchen die Werft 1920 gebaut hatte, zur Verfügung gestellt. Die ‘Buckau’ diente der werfteigenen Reederei bis dahin um Erzeugnisse des Krupp-Konzerns zu transportieren. Um auf dem Rhein alle Brücken bis nach Duisburg passieren zu können, war dieses bemerkenswerte Schiff mit abklappbaren Masten ausgerüstet.
Am 20. Dezember 1923 brachte der Mitarbeiter Flettners, Herr Heinrich Croseck, eine Generalplanskizze mit zwei Rotoren zu Papier, auf der bereits alle wesentlichen Merkmale des Rotorschiffs ‘Buckau’ zu erkennen waren. Flettner stellte von Anfang an klar, dass die Rotoren der ‘Buckau’ den Hauptantrieb des Schiffes entlasten sollten und lediglich als Zusatzantrieb dienten. Heinrich Croseck fixierte am 23. Januar 1924 die Ausgangsdaten des Entwurfes. Er ging davon aus, dass zwei Rotoren die gleiche Leistung erbringen sollten wie die ursprünglichen 883 m² Segelfläche der alten ‘Buckau’. Er führte aus, dass die projizierte Fläche der beiden Zylinder rund 88 m², also ein Zehntel der ursprünglichen Segelfläche betragen müsse. Für den Antrieb der Rotoren wurde ein jeweils 15 PS starker Elektromotor errechnet, um die für einen Schub erforderliche Rotation der Rotoren zu erreichen. Die Entwicklungsabteilung der Germaniawerft machte sich auf Basis dieser Angaben an die Konstruktion der Rotorenanlage.
Anton Flettner suchte auch noch zu diesem Zeitpunkt nach Möglichkeiten, die Leistungsfähigkeit der Rotoren weiter zu steigern. So ließ er an der AVA-Göttingen einen Zylinder mit gewellter Oberfläche untersuchen. Die Auftriebsbeiwerte erreichten zwar annähernd die gleichen Werte wie ein Zylinder mit glatter Oberfläche, jedoch waren die Widerstandsbeiwerte erheblich höher.
Eine wichtige Eigenschaft aller zylindrischen Körper mit glatter Oberfläche, ist der kleine Widerstand bei Stillstand und großen Windstärken. Zunächst steigt der Widerstand entsprechend der steigenden Anströmgeschwindigkeit, fällt dann jedoch bei sehr
hohen Windgeschwindigkeiten plötzlich wieder ab. Am 25. März überreichte Croseck der Germanischen Lloyd in Hamburg einen umfangreichen Bericht, in dem er ausführlich die
Umbauarbeiten, die theoretischen Grundlagen und die Versuchsergebnisse der AVA-Göttingen erklärte. Er legte Stabilitäts- und Festigkeitsberechnungen bei und erläuterte die einfache Handhabung und deren hohe Betriebssicherheit.
Die Information der Germanischen Lloyd war wichtig, da der Umbau der ‘Buckau’ eine neue Klassifizierung des Schiffes erforderlich machte. Bis zu diesem Zeitpunkt war es noch völlig unklar, ob die ‘Buckau’ weiterhin als Segelschiff oder als Motorschiff mit zusätzlichem Windantrieb einzustufen sei.
Zeitgleich wurde der schiffbauliche Generalplan fertiggestellt. Auf der Position des Fock- und Besahnmastes sollten die beiden freitragenden Pivots zur Aufnahme der Lagerung und der Rotoren montiert werden. Der Generalplan zeigt interessanterweise zwei
verschiedene Rotorlängen, um die Zylinder nach einer erfolgreichen Erprobung eventuell um 3 m auf 18,5 m zu erhöhen. Der mittig platzierte Großmast konnte zehn Meter über Deck geklappt werden und diente als Basis für das Ladegeschirr, Funkantenne und
Positionslichter. Im Juni 1924 begannen die Arbeiten an den Pivots und Rotoren. Da die Rotoren möglichst ohne Unwucht laufen sollten, wurden nur die besten Leute mit den Arbeiten betraut und großer Wert auf Genauigkeit und Sorgfalt gelegt. Croseck plante zunächst die Pivots fertig zu stellen und auf einem Prahn zu montieren, danach den Zylinder hängend montieren und erst nach einer erfolgreichen Rundlaufprobe auf der ‘Buckau’ einzubauen. Terminschwierigkeiten führten jedoch dazu, dass Pivots und Zylinder separat nebeneinander hergestellt wurden. Erschwerend kam hinzu, dass sich die angelieferten Gussteile für die unteren Rotorenlager als porös und unbrauchbar erwiesen.
Auch die Liefertermine für den Dieselmotor der Leonard-Generatorenanlage wurden nicht eingehalten. Am 1. August 1924 machte die ‘Buckau’ an der Ausrüstungspier der Germaniawerft fest. Noch am gleichen Tag organisierte Croseck einen Krängungsversuch um die Stabilitäts- und Gewichtsverhältnisse des Umbaus exakt errechnen zu können. Bereits am 8. August waren alle Masten der ‘Buckau’ entfernt und die Schotten für die Montage der Pivots ausgebrannt. Ende August waren bereits zwei Ladebäume mit einer Tragkraft von jeweils 2 t an einem Gittermast auf der Basis des Hauptmastes montiert. Besahn- und Fockmast waren durch die vormontierten Pivots ersetzt und die Verlängerungen der Unterbauten in den Rotorbereichen abgeschlossen. Die Pivots reichten von den Bodenwrangen der ‘Buckau’ bis zu 2/3 der Höhe der Rotoren. Sie waren aus Stahl gefertigt und hatten am Fuß 1,5 m und am Topp 0,8 m Durchmesser. Die Wandstärke der Pivots von 6-8 mm war an den am stärksten beanspruchten Bereichen auf 13 mm erhöht worden. Durch eine Leiter im inneren der Pivots, die vom Hauptdeck bis zur oberen Plattform führte, hatte man die Möglichkeit das Innere der Rotoren, sowie die
Antriebselemente, Getriebe und Lager zu beobachten.
Mitte September 1924 waren auch die meisten der maschinenbaulichen Komponenten geliefert worden, so dass die Ausrüstung mit Hochdruck vorangetrieben werden konnte. Die Leonardanlage wurde auf ihren Fundamenten montiert, auf dem Niveau des Hauptdeckeswurden im Inneren jedes Pivots ein Gleichstrom Nebenschlussmotor mit einer Leistung von 15 PS montiert.
Von jedem Motor führte im Inneren der Pivots eine mehrfach gelagerte Welle zu einem, im oberen Lagerbereich montierten Untersetzungsgetriebes. Die Antriebswelle des Getriebes wurde wiederum mit der Rotorkonstruktion verbunden und ermöglichte die Rotation der Zylinder. Die obere Lagerung trug das Gewicht und die Seitenkräfte der Rotoren, die untere Lagerung diente lediglich als Führungslager. Getriebe und Lager wurden über Öldruckleitungen, durch eine im unteren Bereich der Pivots angeordneten Zahnradölpumpe mit Schmieröl versorgt. Auch eine elektrische Heizvorrichtung
für das Schmieröl war vorhanden, um eine genügende Viskosität des Öls bei niedrigen Außentemperaturen zu gewährleisten.
Ein einfacher Kommandostand, von der aus alle Manöver gefahren und kontrolliert werden konnten, wurde hinter dem achteren Rotor montiert. Zu diesem Zweck wurde hier ein
Maschinentelegraph für den 160 PS starken Hauptdiesel und zwei Handräder für die Drehrichtungsvorwahl und die Drehzahl der Rotorenantriebe installiert. Ende September 1924 setzte der gewaltige 150 t Schwimmkran der Werft die vormontierten Rotoren auf die Pivots. Die Mantelfläche der Rotoren war aus 1,0 bis 1,5 mm starkem, verzinkten Stahlblech gefertigt und durch Winkel in Querrichtung und Profile in Längsrichtung verstärkt worden. Die durch Rostschutzfarbe markierten Schweißnähte verliehen den ansonsten weiß gestrichenen Rotoren zunächst ein mysteriöses und gleichzeitig enorm hässliches Äußeres.
Noch immer war der Dieselantrieb für den Lenonard-Generator nicht montiert und der Termin für eine erste Testfahrt noch völlig offen. Aus diesem Grund ließ Croseck eine provisorische Kabelverbindung an das Gleichstromnetz der Werft verlegen und am
Vormittag des 1. Oktobers 1924 konnte ein erster Rotationsversuch durchgeführt werden. Die Rotoren ließen sich zwar völlig leichtgängig von Hand in Bewegung setzen aber es war natürlich klar, dass sich erst bei höheren Drehzahlen der Rotoren herausstellen
würde, ob die Ausbalancierung den betrieblichen Anforderungen genügen würde. Nichts war gefährlicher als das Auftreten von unkontrollierbaren Schwingungen. Um 12.10 Uhr war es endlich soweit. Noch ohne obere Endscheiben gab Croseck das Zeichen.
Es herrschte annähernd Windstille und der Schmierölkreislauf hatte bereits Betriebstemperatur erreicht. Der Rotor am Achterdeck setzte sich in Bewegung und schnell waren die vorgesehenen 50 Umdrehungen pro Minute für diesen 10 minütigen Testlauf erreicht.
Der Rotor lief absolut rund und völlig geräuschlos. Die folgende Kontrolle der Lager gab keinen Grund zur Beanstandung und erneut wurde der Rotor für 15 Minuten auf 50 Umdrehungen in Betrieb gesetzt, wiederum ohne Mängel. Der darauf folgende dritte
Probelauf bei 60 Umdrehungen je Minute musste abgebrochen werden, weil die Antriebswelle im Inneren des Pivots zu schlagen begann. Eine Überprüfung ergab ein deformiertes Wellenbauteil als Ursache der Geräusche. Croseck überprüfte die Berechnungen und stellte fest, dass nur Schwingungen den Schaden verursacht hatten.
Daraufhin wurden die beiden massiven Antriebswellen der Rotoren durch starkwandige Rohre ersetzt und mit einem zusätzlichen Lager versehen. Am 4. Oktober 1924 folgte dann die Erprobung des vorderen Rotors. Bei leichtem Wind erzeugte der Rotor sofort Schub und die ‘Buckau’ zerrte an ihren Leinen. Das Prinzip des Rotors funktionierte
also tatsächlich. Am 6. Oktober 1924 demonstrierte Croseck die Wirkung der rotierenden Zylinder der gesamten Direktion der Germaniawerft und Prinz Heinrich von Preussen, der sich zufällig zu diesem Zeitpunkt in Kiel aufhielt. Crosek, der die ‘Buckau’ zu diesem Zweck zwischen zwei Laufstegen vertäut hatte, fuhr das Schiff bei mäßigem Wind mehrere Male ca. 20 Meter vor und zurück, indem er die Vor- und Achterleinen entsprechend fieren ließ. Die Vorführung war ein voller Erfolg und die Rotoren liefen
dank ihrer präzisen Fertigung absolut rund und geräuschfrei. Der Termin für eine erste, echte Probefahrt war immer noch ungewiss. Die Montage des Dieselmotors für den Leonard-Generator sollte noch 14 Tage in Anspruch nehmen. Croseck befürchtete des weiteren, dass die Leistung der Gleichstromanlage nicht ausreichen würde, um die Rotoren auf die berechneten 120 Umdrehungen pro Minute zu bringen.
120 Umdrehungen pro Minute mussten mindestens erreicht werden, denn sie entsprach einer Rotor-Umfangsgeschwindigkeit von 17,6 m/s. Wie die Versuche der AVA-Göttingen gezeigt hatten, wurde der größte Schub erreicht, wenn die Umfangsgeschwindigkeit viermal größer als die anstehende Windgeschwindigkeit war.
Somit konnten mit der maximalen Drehzahl, für die die Rotoren der ‘Buckau’ ausgelegt waren, nur resultierende Windgeschwindigkeiten bis zu 4,4 m/s optimal genutzt werden. Bei höheren Windgeschwindigkeiten würde man sich mit einer geringeren Nutzung
der Windkraft begnügen müssen. Bei einer weiteren Rotationsprüfung am 10. Oktober 1924 konnten die Befürchtungen von Croseck beseitigt werden. Bei einer größeren
Stromzufuhr vom Werftnetz erreichte der achtere Zylinder eine Drehzahl von 110 Umdrehungen pro Minute und benötigte dafür eine Antriebsleistung von ca. 9,5 PS. Die installierten Antriebsmotoren mit einer Leistung von 15 PS schienen also ausreichend
dimensioniert zu sein.
Die Montage des Dieselmotors für den Leonard-Generator wuchs zwischenzeitlich zu einem Alptraum aus. Das gesamte Fundament musste überarbeitet werden und die
Werft ließ Doppelschichten ansetzen. Croseck nutzte die Zeit für weitere Probeläufe. Fast täglich ließ er einen der Zylinder rotieren, bis er sich absolut sicher war, dass alle Bauteile, wie Getriebe, Lager, Ölschmierung und Steuerung einwandfrei arbeiteten. Auch ein Versuch mit künstlich erzeugter Krängung zeigte, dass die Rotoren auch bei Schräglage keine erhöhten Antriebsleistungen benötigten. Schließlich wurden auch die oberen Endscheiben der Rotoren montiert und alles war bereit für die erste Probefahrt, alles
– nur nicht der Diesel.
Es sollte noch bis zum 24. Oktober 1924 dauern, bis der Generator endlich einsatzbereit war. Auch ein sofortiger Probelauf des Aggregates verlief erfolgreich und schon am kommenden Tag erfolgte die große Generalprobe. Der Leonard-Generator und beide
Rotoren liefen fünf Stunden ohne jegliche Beanstandung. Aus Sicherheitsgründen wurde in die Laderäume der ‘Buckau’ Ballast eingebracht, der dem Schiff Stabilität und Tiefgang verlieh. Die Besatzung der ‘Buckau’ erhielt den Befehl, sich am Sonntagabend an Bord einzufinden um das Schiff zum Auslaufen klar zu machen.
Bis zu diesem Zeitpunkt bestand noch bei allen Beteiligten, besonders bei den Wissenschaftlern der AVA-Göttingen, die Befürchtung, dass die Ergebnisse der Großausführung vielleicht nicht den Ergebnissen der Modellausführung im Windkanal entsprechen könnten. Der Beweis, dass die Rotoren tatsächlich den zehnfachen Schub im Vergleich zu einer gleich großen Segelfläche erreichen würden konnte nur die erste Probefahrt erbringen.
Am 27. Oktober 1924 verließ die ‘Buckau’ um 8.00 Uhr morgens ihren Liegeplatz auf der Germaniawerft in Kiel. An diesem Vormittag herrschte beinahe Windstille im inneren Teil der Kieler Förde. Der 160 PS starke Hauptdiesel schob die ‘Buckau’ langsam in Richtung Ostsee. Als Laboe querab lag, kam leichter Wind auf, aber in Höhe des Bülker Leuchtfeuers hatte es bereits auf Windstärke 4 aus Richtung der Eckernförder Bucht aufgefrischt. Die ‘Buckau’ nahm Kurs auf ‘Kiel Feuerschiff’ und Kapitän Callsen
konnte sogleich beweisen, dass er die Wirkungsweise des Magnus-Effektes vollständig verstanden hatte.
Croseck befand sich auf der Brücke und setzte beide Rotoren, mittels der dort installierten Handräder in Rotation. Sofort nahm die ‘Buckau’ Fahrt auf und annähernd 7 Knoten konnten mit voll drehenden Zylindern registriert werden. Das war mehr, als die ‘Buckau’ jemals mit der ursprünglichen Besegelung unter diesen Bedingungen erreicht hätte. Kapitän Callsen steuerte das Schiff näher an den Wind. Es war unglaublich! Bis auf zwei Strich konnte sie am Wind anliegen. Vorher waren niemals mehr als vier Strich möglich gewesen. Die ‘Buckau’ wurde gewendet, indem Croseck die Rotoren stoppte und während des Ruderlegens im entgegengesetzten Drehsinn wieder anlaufen ließ. Eine Halse, bei der die Rotoren mit unterschiedlicher Drehrichtung liefen, entlockte Kapitän
Callsen einen Ausruf der Anerkennung. Für ein solches Manöver war unter Segeln die halbe Besatzung notwendig gewesen und jetzt genügte ein Mann, der lediglich an zwei Handrädern drehte.
Nun folgten einige Meilenfahrten auf unterschiedlichen Kursen zum Wind und jedesmal, wenn anschließend die Schiffsgeschwindigkeit ermittelt wurde, stellte sich heraus, dass die ‘Buckau’ stets schneller war als unter der ursprünglichen Besegelung. Lediglich
bei achterlichem Wind konnten die Rotoren einen geringeren Schub entwickeln, aber dieser Umstand war vorher bekannt gewesen und dieser Nachteil konnte leicht umgangen werden, indem der Kurs einfach um zwei bis drei Strich versetzt wurde. Als der Wind zeitweise weiter auffrischte musste Croseck mit Bedauern feststellen, dass die erhöhte Windgeschwindigkeit nicht in einen erhöhten Schub umgesetzt werden konnte, da hierfür die maximale Drehzahl der Rotoren zu niedrig ausgelegt war. Aber auch diese Tatsache war im Vorfeld bekannt und stellte daher keine Beeinträchtigung der Testergebnisse dar. Kapitän Callsen war mittlerweile derart vertraut mit dem Umgang der neuen Antriebsanlage, dass er, als die Abenddämmerung bereits einsetzte, die ‘Buckau’
mit reiner Rotorkraft zur Werft zurücksegelte. Die Ergebnisse dieser ersten Probefahrt bestätigten, bzw. übertrafen alle Berechnungen und die gesamte Anlage hatte einwandfrei, ohne die geringste Störung funktioniert.
Nachdem eine weitere Probefahrt, am 29. Oktober 1924, die hervorragenden Ergebnisse der ersten betätigen konnte, wurden Vorbereitungen getroffen, um die ‘Buckau’ der Öffentlichkeit vorzustellen. Die Rotoren wurden hellgrau gestrichen und der Rumpf erhielt einen neuen, grünen Anstrich. Das restliche Überwasserschiff wurde mit frischem Weiß verschönert und auf beiden Schiffsseiten konnte jetzt in großen Lettern die Aufschrift ‘Flettner-Rotor’ gelesen werden.
Jetzt zeigte sich, dass die mit viel Farbe vorgenommenen, kosmetischen
Verschönerungen wahre Wunder bewirkt hatten.
Am 7. November 1924 legte das Rotorversuchsschiff ‘Buckau’ zu seiner offiziellen Demonstrationsfahrt ab. Querab von Laboe ließ Flettner mit dem Demonstrationsprogramm beginnen. Der Hauptdiesel wurde gestoppt und der schwache Wind war ausreichend, um zu demonstrieren, welches Potenzial in den beiden Rotoren steckte. Die Rotoren trieben die ‘Buckau’ gut voran und durch eine Drehrichtungsänderung der Rotoren wurde die phantastische Manövrierfähigkeit vorgestellt, Wenden, Halsen, Drehen auf der Stelle. Am Meisten beeindruckte jedoch die Tatsache, dass die ‘Buckau’ bei Vorausfahrt und plötzlicher Drehrichtungsänderung der Rotoren fast augenblicklich zum Stillstand kam und anschließend rückwärts fuhr.
In den folgenden Tagen war die Nachricht über die neue, phantastische Segelmaschine in den Schlagzeilen aller Zeitungen. Innerhalb weniger Tage verbreiteten sich die Berichte über das Rotorschiff um die ganze Welt.
Anton Flettner wurde quasi über Nacht bekannt wie ein bunter Hund. Im Deutschen Reich, das nach dem verlorenen Krieg viele Erniedrigungen hatte hinnehmen müssen, fand diese technische Glanzleistung enorme Resonanz. Wurde durch diese Erfindung doch bewiesen, dass Deutschland noch immer in der Lage war einmalige Leistungen zu erbringen.
Der verletzte Stolz konnte sich an solchen Taten wieder aufrichten und die Erfindung vermittelte außerdem die Hoffnung auf eine bessere Zukunft des Deutschen Reiches. Anton Flettner wurde von Reichspräsident Friedrich Ebert empfangen und für seine Pioniertat gewürdigt. Selbst Albert Einstein, mittlerweile Nobelpreisträger für Physik, kommentierte die Nutzung des Magnus-Effektes für den Schiffsantrieb als das ‘Ei des
Kolumbus’ der maritimen Windenergienutzung. Bis zum 8. Januar 1925 wurden weitere, umfangreiche Probefahrten mit der ‘Buckau’ durchgeführt. Immer wieder fiel dabei
auf, wie gering die Krängung des Schiffes war, selbst bei starken Böen wurden nie mehr als 5 Grad beobachtet. Hierzu hatte nicht unwesentlich das geringe Gewicht der Rotoranlage im Verhältnis zu der alten Besegelung beigetragen. Am Nachhaltigsten beeindruckte jedoch die einfache Steuerung. Die elektrische Schaltung der Elektromotoren ermöglichte ja ein unglaublich schnelles ‘Segelsetzen’, ‘Reffen’ und Manövrieren. Auch in betrieblicher Hinsicht konnte man zufrieden sein. Der neue Antrieb zeigte keinerlei
technische Mängel und nachdem die Rotorlager eingelaufen waren, sank der Leistungsbedarf der Antriebsmotoren sogar noch ab.
Daten der ‘Buckau’
Länge Wasserlinie: 45,0 m
Länge über alles: 50,8 m
Breite auf Spanten: 8,9 m
Höhe bis Hauptdeck: 4,1 m
Tiefgang: 3,8 m
Verdrängung: 645 t
Segelfläche: 883 m²
Gewicht der Takelage: 35 t
Hauptdieselantrieb: 160 PS
Technische Daten der Rotorenanlage
– 2 Rotoren, je 15,6 m lang, 2,8 m Durchmesser
– Stahlblechkonstruktion
– Gewicht incl. Tragkonstruktion, je 3500 kg
– Rotorantrieb durch jeweils 1 Elektromotor 14 PS
– Maximale Rotordrehzahl 125 U/min
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