Geschichte

Geschichtliches zum Flettner-Rotor – 1794 wurde von der Berliner Akademie in Preussen ein Wettbewerb mit dem Ziel veranstaltet, die auffälligen Streuungen und Geschossbahnabweichungen von Geschützkugeln zu erklären. Als man noch mit wirklichen ‘Kugeln’ schoss waren die Artilleristen bereits frühzeitig auf gewisse unregelmäßige Abweichungen der Geschossbahnen aufmerksam geworden. B. Robins hatte bereits 1742 bemerkt, dass diese Abweichungen von der Rotation der Kugeln herrühren mussten. Er erbrachte später auch den versuchsmäßigen Nachweis für dieses ‘Phänomen’.

Gegen 1830 waren die Artilleristen, um die ganz unregelmäßigen Rotationen zu beherrschen, dazu gekommen, Kugeln mit exzentrischem Schwerpunkt zu verwenden. Beim Schießen mit solchen exzentrischen Kugeln zeigte sich dann auch, dass der Schuss, wenn die Kugel mit ‘Schwerpunkt unten’ geladen war, regelmäßig zu kurz ging (da der Druck der Pulvergase im Kugelmittelpunkt angriff, ergab sich hierbei eine Drehung der Kugel von oben nach vorn und unten). Lud man mit ‘Schwerpunkt oben’, so ging der Schuss zu weit. Entsprechend gab es bei ‘Schwerpunkt rechts’ Abweichungen nach links. Diese Seitenabweichung ließ sich nun, wie Schießversuche mit mehreren hintereinander befindlichen Scheiben erwiesen, nicht durch einen seitlichen Stoß, den das Geschoss in der Mündungsebene erhalten hätte, erklären, denn die Flugbahn war deutlich nach der Seite gekrümmt, also mussten Luftkräfte im Spiel sein, die das Geschoss auf seiner Flugbahn nachhaltig weiter ablenkten. Um eine sichere Klärung des Umstandes herbeizuführen, führte der bekannte Berliner Physiker Gustav Magnus (1802 – 1870), 1852 einige Laboratoriumsversuche durch. Unter anderem setzte er einen zwischen Spitzen gelagerten Messingzylinder, der wie ein Kreisel mit einer Schnur in rasche Umdrehung versetzt werden konnte, auf einen leicht drehbar gelagerten Arm und blies mittels eines kleinen Zentrifugalgebläses einen Luftstrom gegen den Zylinder. Dieser wich in Richtung, senkrecht zum Luftstrom und senkrecht zur Zylinderachse aus und zwar immer zu derjenigen Seite hin, auf der die Umfangsgeschwindigkeit mit dem Luftstrom gleichgerichtet war.

Der Sinn der Ablenkung war in Übereinstimmung mit den Schießversuchen und der Größe der ablenkenden Kraft, die Magnus allerdings nicht gemessen hatte, schien ihm durchaus von solcher Größe zu sein, dass die Ablenkungen kugelförmiger Geschosse wirklich damit erklärt werden konnten. Seither ist es üblich geworden, die ganze Erscheinungsgruppe mit dem Namen ‘Magnus-Effekt’ zu belegen.

1877 erkannte Lord Raleigh den Effekt am Beispiel der merkwürdig gekrümmten Flugbahn eines angeschnittenen Tennisballs, ohne die Entstehung dieses Vorgangs erklären zu können. Auch seine Berechnungen der Kräfte, die auf einen rotierenden Zylinder wirken, brachten ihn nicht weiter. Er konnte die Abhängigkeiten zwischen der Reibung, den Zylinderabmessungen und der Geschwindigkeitsverhältnisse rechnerisch nicht erfassen. Seine Erkenntnisse hielt er im Aufsatz ‘On the irregular flight of a tennis ball’ fest.

Erste quantitative Messungen des Effekts wurden von dem französischen Professor Lafay 1912 vorgenommen. Er ermittelte die exakten Auftriebswerte von Zylindern mit  verschiedenen Abmessungen und erhielt bei seinen Versuchen mit einfachen, zylindrischen Körpern Ca-Werte von 1,8 bzw. Cr-Werte von 2,4. 1923 wurden in der Aerodynamischen Versuchsanstalt AVA in Göttingen die von Wieselberger begonnenen Versuche an rotierenden Zylindern von Jakob Ackeret mit technisch verbesserten Mitteln
weitergeführt. Unter anderem stand ein leistungsfähiger Windkanal und leistungsstarke, kleine Elektromotoren zur Verfügung, die in der Lage waren, die Versuchszylinder auf entsprechend hohe Drehzahlen zu bringen. Erste Versuche ergaben Auftriebswerte von
Ca = 4.
Ludwig Prandtl fand noch im gleichen Jahr heraus, dass ein Ausgleich von Unterdruck- und Überdruckgebieten an den Zylinderenden durch mitlaufende Endscheiben verhindert werden konnte. Schlagartig erreichten die Versuchszylinder mit derartigen Endscheiben
Auftriebswerte von bis zu Ca = 9. Also annähernd den zehnfachen Wert eines aerodynamischen Profils. Noch wichtiger war jedoch, dass nun die experimentell ermittelten Auftriebsbeiwerte mathematisch auf Zylinder mit gleichem Längen-Durchmesserverhältnis übertragen werden konnten.

1923 erfuhr Anton Flettner von den Versuchen an der AVA-Göttingen und erkannte das Potenzial, die der Magnus-Effekt für den Antrieb von Schiffen bot. Eine praktische Nutzung des Magnus-Effektes hatten die Mitarbeiter der AVA-Göttingen bis dahin noch nicht erkannt. Dieser Verdienst kam ausschließlich Anton Flettner zu.
Die Entdeckungsgeschichte des Magnus-Effektes schilderte Ludwig Prandtl in einem Vortrag vor der Göttinger Physikalischen Gesellschaft am 17. November 1924: ‘Diese Entdeckung bezieht sich zunächst nicht auf den Zylinder, sondern auf die durch die Luft geworfene rotierende Kugel, deren Abweichungen von der gewöhnlichen Wurflinie bereits seit Jahrhunderten den Artilleristen und ebenso den Ballspielern aufgefallen waren.’

1924 wurde auf die Initiative von Anton Flettner der Segelschoner ‘Buckau’ auf der Krupp-Germaniawerft-Kiel zum Rotorschiff umgebaut.

Die ‘Buckau’ diente Flettner in erster Linie als Versuchsschiff, um die Theorie seines Antriebes in der Praxis zu erproben und vorführen zu können. So führte das Rotorschiff unzählige Versuchs- und Demonstrationsfahrten durch, egal wo die ‘Buckau’ auch auftauchte sorgte sie für großes Interesse an diesem neuen Antriebssystem.
Die ‘Buckau’ wurde ab dem Sommer 1925 auf der Nordund Ostsee als Vergnügungsschiff eingesetzt. 1926 kam die ‘Buckau’ in den Besitz der neugegründeten ‘Flettner-Gesellschaft’. Sie wurde auf den Namen ‘Baden-Baden’ umgetauft, überquerte sicher den Atlantik und bewährte sich auf einer Strecke von 6200 sm. Ende Mai 1926 ging die ‘Baden-Baden’ zur Weltausstellung nach Philadelphia. Im September 1928 erwarb die Reederei ‘CAPE-Navigation-Corporation’ das Schiff. Während einer Reise in südamerikanischen Gewässern beschädigte ein Blitzeinschlag einen der Rotoren. Da die geplanten Versuchfahrten beendet waren, wurde sie 1928 nach Panama verkauft. Die neuen Eigner, zwei Deutsch-Amerikaner, rüsteten das Schiff wieder auf Segel um und setzte sie als Frachter ein. Ab Oktober 1929 wurde die zuletzt in Panama beheimatete ‘Baden-Baden’ nach Costarica verkauft. Das Schiff soll 1934 in einem Sturm vor dem berüchtigten Cap Hatteras verloren gegangen sein, den das Schiff mit Rotoren vielleicht überstanden hätte.

1926 Bau der ‘RMS Barbara’ mit 3 Rotoren im Auftrag der Reichsmarine. Die Rotorenanlage diente als Zusatzantrieb für die für 100 % Antriebsleistung ausgelegte Dieselmotorenantriebsanlage. Das Schiff war mit 90 m Länge und 13 m Breite bedeutend größer als die ‘Buckau’ und hatte eine Tragkraft von 2830 t DW.

Jakob Ackeret (links) in Göttingen mit Prof. Ludwig Prandtl, Albert Betz und R. Seiferth vor dem Flettner-Rotorschiff1932: Die ‘RMS Barbara’ wurde aus wirtschaftlichen Gründen außer Dienst gestellt. Im Oktober 1933 wurde die Rotoranlage der Barbara entfernt und sie lief von 1933 bis 1945 bei der Bugsier- Reederei unter dem Namen ‘Birkenau’.

 

 

Rotorschiff ‘Baden-Baden’ bei der Ankunft im Hafen von New York am 10. Mai 1926

Das von den Alliierten nach dem  zweiten Weltkrieg als Reparationsgut beschlagnahmte Schiff gelangte  darauf in dänischen Besitz, wo es unter der Flagge der Kopenhagener  Reederei ‘Ove Skou’ generalüberholt und modernisiert von 1947 bis 1963 als reines Motorschiff in Dienst gestellt war.

 

1963 wechselte das inzwischen 37 Jahre alte Schiff in griechische Hände und fuhr einige Jahre im Mittelmeer bevor es 1967 an die ‘Orri Navigation’ Lines mit Heimathafen Jeddah in Saudi Arabien verkauft wurde. Als ‘Star of Riyadh’ endete die Laufbahn der ‘Barbara’ 1969, der weitere Verbleib ist unbekannt.

Das Rotorschiff ‘RMS Barbara’

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